Chillida und Ibn ‚Arabi – De coincidentia oppositorum

Chillida: Skulptur „Berlin“; vor dem Bundeskanzleramt, Berlin
Foto: Wikipedia

Wie viele Bundesbürger wissen wohl, dass die Wurzeln der vor dem Berliner Kanzleramt befindlichen Stelen im Baskenland liegen?

Den Betrachter weist nichts darauf hin, zumal Chillida in dieser Skulptur, mal „Berlin“, mal „Einheit“ betitelt, ein eher universelles Thema aufgreift, das das für uns Deutsche noch immer aktuelle Spannungsfeld zwischen Einheit und Zerrissensein widerspiegelt. Dennoch fällt es schwer zu sagen, ob die Stelen Hände darstellen, die einander in Zuneigung, in der Bereitschaft eines vorsichtigen Betastens oder in unversöhnlicher Auseinandersetzung begegnen. Bei längerer Betrachtung mag der Betrachter gar an Freuds „Gegensinn der Urworte“ oder den von Cusanus so definierten „Zusammenfall der Gegensätze“ denken, die sich scheinbar als Leitmotiv durch Chillidas Werk ziehen.

Von diesem Zusammenfall der Gegensätze befinden sich das Baskenland und das restliche Spanien bedauerlicherweise noch weit entfernt. Man versuchte im Baskenland wohl eher seit Beginn des demokratischen Spaniens, diese Gegensätze auszubauen und anstelle eines kritischen Dialogs die gemeinsame Vergangenheit in einer Art Kulturbolschewismus auszulöschen und – vor allen Dingen auf Seiten der national und nationalistisch denkenden Basken – sich weiter in Unversöhnlichkeit zu üben.

Doch diese Unversöhnlichkeit bleibt nicht auf die Basken beschränkt. So weigert man sich beharrlich (letztlich wohl aus politischen Gründen) im Rest Spaniens einzusehen, dass das sogenannte Kastilische doch eher als « una manera vasca de hablar latín » anzusehen ist, und gesteht dem Baskischen nur minimale Einflüsse auf das angeblich im benachbarten Kantabrien entstandene Spanisch zu.

Chillidas Werk selbst hat nichts von dieser Unversöhnlichkeit. Besucht man etwa seine Heimatstadt San Sebastián, kann man sich seiner Bannkraft nur schwer entziehen. Dort sind es vor allen Dingen die « Peines del viento », die am äusseren Ende der Bucht eine Ort des Dialogs zwischen Wasser, Felsen, Luft und der Stadt markieren und die verdeutlichen, wie wenig es braucht, um viel zusammen kommen zu lassen.

In der Altstadt ist es dann die in der Iglesia Santa Maria del Coro angebrachte Skulptur, die wieder einen essentiellen Gegensatz aufgreift, um vom transzendenten Dialog zu sprechen und schliesslich das vor den Toren der Stadt gelegene Areal « Chillida Leku » zur Würdigung des Gesamtwerks. Hier erschliesst sich dieses Gesamtwerk dann auch in seiner ganzen Breite und Tiefe als eine Meditation der Elemente und eines Spiels mit den ewigen Themen des Menschseins.

Fast ist man geneigt, von einer Art « rationalen Mystik » zu sprechen, die hier ihren Raum findet und allein in der Form der Stelen baskische Themen aufgreift, ansonsten aber in einer Linie mit der an Mystikern reich gesegneten iberischen Halbinsel steht, die vielleicht mit dem in Murcia geborenen, in Spanien nahezu unbekannten und in der arabischen Welt hochverehrten Ibn ‚Arabi ihren Anfang nimmt, dem ersten rationalen Mystker, der ein weiteres Erbe hinterliess, das vom Zusammenfall der Gegensätze spricht und dem die Spanier in Unversöhnlichkeit gegenüber stehen.


René Schneider René Schneider ist Professor für Informationswissenschaft an der Fachhochschule Genf. Während seines Studiums der Computerlinguistik und der Hispanistik an der Universität Trier beschäftigte er sich eingehend mit Leben und Werk Jorge Luis Borges’.

Ist »i« die Zeitung der Zukunft?

Screenshot der Online-Ausgabe von i am 9.11.2009

Wir haben Ihnen ja bereits im Mai die neue portugiesische Zeitung »i« vorgestellt. Nachdem sich – wider den Trend auf dem Zeitungsmarkt – die Verkaufszahlen gut entwickeln und das engagierte Projekt neulich den begehrten Preis der Society for Newsdesign (Info zum Preis) erhalten hat, erfährt »i« (das i steht für informação) vermehrte Aufmerksamkeit.

Auf What’s next: Innovations in Newspapers fragt man sich bereits, ob i die Zeitung der Zukunft ist: i, THE NEWSPAPER OF THE FUTURE?

Und das, obwohl die Ausgangslage für den Start einer Zeitung im Jahr 2009, gerade in Portugal, alles andere als vielversprechend ist, wie Eric Pfanner im New York Times Blog herausstellt:

It would be hard to find a less promising country in which to start a newspaper than Portugal. Not only are readers defecting to the Internet, as they are elsewhere, but relatively few people ever picked up a paper to begin with. And print advertising has plunged by more than 40 percent this year.

Weiter in der NYTimes:
Publisher in Portugal Picks a Fine Time to Start a Newspaper.

In einer lesenswerten Analyse hat auch das Editor Weblog versucht den Erfolg von »i« zu ergründen. Dort sprach Emma Heald mit Herausgeber Martim Avillez Figueiredo, Online-Chefin Mónica Bello und dem Art Director Nick Mrozowski:

According to Figueiredo, „we’ve created a product that goes directly to the way they think and interact with news.“ Most of these readers are well informed via other media and already know a lot about what’s going on, but they look to i to „help organise all the mixed and disparate information that they have to deal with.“ He believes that the in-depth articles on politics and economics, providing essential background to current issues, are one of the main reasons why people like the paper.

Lesen Sie den ganzen Artikel im Editors Weblog:
A Portuguese success story: could i be the future of newspapers?

Wie profitieren Sie von ciberas Integration in die Social Bookmarking Portale?

Ausschnitt der mit Argentinien verschlagworteten cibera-Bookmarks bei Delicious

Letzten Monat haben wir Ihnen die Integration der Internetquellen (Iberolinks) aus cibera in die Social Bookmarking Dienste von Delicious und Mister Wong vorgestellt.

Was bedeutet das nun für Sie und wie können Sie sowohl von diesen Diensten profitieren, als auch auf diesem Wege dazu beitragen, dass die Iberolinks in cibera aktuell bleiben? Das erkläre ich Ihnen gerne in diesem Folgeartikel. Sollte das Thema Social Bookmarks für Sie noch neu sein, empfehle ich Ihnen zunächst die Lektüre des ersten Artikels Internetquellen von cibera bei Delicious und Mister Wong. Um die Vorstellung übersichtlich zu halten, schildere ich hier lediglich die Nutzung bei Delicious. Sie können die gleichen Funktionen aber auch bei Mister Wong vorfinden.

Ein großer Vorteil von Social Bookmarks ist das Teilen des Wissens mit anderen Nutzern. Das kann über mehrere Wege geschehen. Einmal bekommen Sie beim Abspeichern von Internetseiten angezeigt, welche anderen Nutzer diese Seite auch abgespeichert haben (und welche Schlagworte diese dazu benutzt haben). Das heißt, Sie können sich die Lesezeichen dieser anderen Person(en) anschauen. Da Sie offensichtlich gemeinsame Interessensgebiete haben, ist die Chance groß, dass Sie interessante Treffer bei anderen Nutzern finden können.
„Wie profitieren Sie von ciberas Integration in die Social Bookmarking Portale?“ weiterlesen

Spanischsprachige Filmreihe des Instituto Cervantes

In den kommenden Wochen können Sie in Hamburg folgende spanischsprachige Filme sehen. Entweder im Kino 3001 oder in den Räumlichkeiten des Instituto Cervantes Hamburg (Chilehaus). Alle Filme werden mit einer Einführung vorgestellt und in der Originalfassung gezeigt.

La buena vida Spanischer Filmclub: La buena vida
11.11.2009, 21:00h

Kino 3001
Schanzenstraße 75 (Eingang im Hof)
20357 Hamburg

Das Instituto Cervantes Hamburg präsentiert in Kooperation mit dem Kino 3001 eine Filmreihe des aktuellen spanischsprachigen Kinos. Alle Filme werden mit einer Einführung vorgestellt und in der Originalfassung gezeigt. Die chilenische Filmproduktion „La buena vida“ von Andrés Wood gewann das Filmfestival „Colón de Oro“ in Huelva.

Einführung: Isabel Navarro (Instituto Cervantes)

Der Film spielt im heutigen Chile: Teresa, Edmundo, Mario und Patricia leben in Santiago. Ihre Leben kreuzen sich zwar, doch sie begegnen sich nie wirklich. Teresa ist Psychologin und versucht Leben zu retten, Edmundo, der Friseur, träumt vom großen Geld, Mario abeitet ehrgeizig an einer Musikerlaufbahn und Patricia kämpft verzweifelt um das tägliche Überleben. Alle scheinen sich etwas Erreichbares zu wünschen, doch keinem will es so recht gelingen. Mit Aline Küppenheim, Roberto Farías, Paula Sotelo und Eduardo Paxeco.

Für den spanischen Filmklub ist ein Beitrag von 6,50 Euro/ ermäßigt 5,50 Euro zu zahlen. Vorbestellungen und Information: 040- 437679 oder info-at-3001-kino.de. Terminänderungen bleiben dem Kino vorbehalten.
„Spanischsprachige Filmreihe des Instituto Cervantes“ weiterlesen

Themenportal Viajeros Españoles

Biblioteca Cervantes: Viajeros Españoles

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Dazu passend diese Nachricht: Die Biblioteca Cervantes hat wieder einmal ein gut recherchiertes und mit einer Fülle von Materialien angereichertes Themenportal ins Leben gerufen. In ihrem neuesten Webprojekt Viajeros Españoles widmen sie sich den Reisen, die Spanier im Laufe der Geschichte unternommen haben, und bilden das vorhandene, zum Teil digitalisierte, Material dazu ab und verlinken relevante Informationen. Was man im Einzelnen dort finden kann, ist unter Presentación näher beschrieben und in diesen Worten zusammengefasst:

Esta página web pretende reunir, desde una óptica fundamentalmente literaria, el mayor número posible de textos sobre los viajes realizados por españoles a lo largo de la Historia por todo el mundo así como estudios que analizan estos viajes, además de una amplia galería de imágenes, enlaces de interés y una selecta recopilación de referencias bibliográficas.

Einen Einblick, was im Portal jeweils an neuen Dokumenten eingestellt wurde, finden Sie unter Últimos contenidos incorporados. Wieder einmal ein gelungenes Angebot. Vieles ist noch im Aufbau, doch Einiges gibt es schon zu entdecken. Schauen Sie doch mal rein.

[via @librodenotas]

Lesung von Alan Pauls: El Pasado

El pasado_Alan Pauls 03.11.2009, 20:00h
Instituto Cervantes Hamburg
Chilehaus, Eingang B
Fischertwiete 1
20095 Hamburg

Einführung: Prof. Dr. Sabine Schlickers (Universität Bremen) ist Expertin für lateinamerikanische Literatur. Sie hat zahlreiche Monographien und Artikel veröffentlicht und leitet derzeit ein Forschungsprojekt über die „Autofiktion in der spanischsprachigen Literatur“.

Lesung: Alan Pauls liest Texte aus seinem Roman El pasado (Die Vergangenheit), Isabel Navarro (Instituto Cervantes) liest aus der deutschen Übersetzung (Klett-Cotta / Aus dem Spanischen von Christian Hansen)

Der Roman: Nach zwölf Jahren inniger Beziehung trennen sich Rímini und Sofía. Schauplatz sind die achtziger Jahre in Buenos Aires. Rímini entdeckt mit einer jüngeren Frau das Begehren neu. Aber seine Liebe zu Sofía ist nicht gänzlich erloschen. Als Sofía überraschend in sein Leben zurückkehrt, trägt die frühere Liebe nun das Antlitz des Entsetzens: Sie erscheint ihm als Rachegespenst, um ihn zurückzuerobern, zu quälen, vielleicht zu retten. Und so gerät Rímini in ein Inferno aus emotionaler Erpressung, Verrat und Drogen. Gibt es eine Liebe nach der Liebe?

In Zusammenarbeit mit dem Klett-Cotta Verlag

Eintritt frei

http://www.cervantes-hamburg.de/de/kultur/

Politik und Aktualität in Lateinamerika: Der Mythos des Simón Bolívar

bolivar11.11.2009, 20:00h
Instituto Cervantes Hamburg
Chilehaus, Eingang B
Fischertwiete 1
20095 Hamburg

Einführung: Prof. Dr. Martin Franzbach ist eremitierter Professor für Spanisch /  Literatur-  und Sozialgeschichte Spaniens und Lateinamerikas der Universität Bremen.

Vortrag: Prof. Dr. Norbert Rehrmann ist Professor der Kulturwissenschaften für Spanien/ Lateinamerika an der Universität Dresden, Verfasser einer „Geschichte Lateinamerikas“, Mitherausgeber diverser Fachzeitschriften und forscht unter anderem in dem Bereich kulturelle Identität(en). In seinem Buch „Simón Bolívar. Die Lebensgeschichte des Mannes, der Lateinamerika befreite“ (Verlag Klaus Wagenbach 2009), unterzieht er das ideologische Bild des Revolutionärs und Amerikabefreiers Simón Bolívar (1783 – 1830) einer kritischen Sicht. Der Biograph nimmt sich dabei vor allem die Mythen und Legenden vor, die über den „Libertador“ im Umlauf sind. Gleichzeitig ist das Buch eine klassische und elegante Biografie einer der charismatischsten Persönlichkeiten Lateinamerikas.

In Zusammenarbeit mit dem Klaus Wagenbach Verlag

Eintritt frei

http://www.cervantes-hamburg.de/de/kultur/

Vom Verlust des schönen Schreibens

Caligrafía. Grafik: El País Heute ist in El País ein lesenswerter Artikel erschienen, der sich eines Kulturphänomens annimmt, das wir überall beobachten können, das viele von uns bedauern, das aber niemand aufhalten wird: Die Abkehr von der Hand- zur maschinenbetriebenen Schrift. Von der Feder, hin zum Kugelschreiber, über die Schreibmaschine, bis zum heutigen Texten am PC oder am mobilen Endgerät, ist uns die Kalligraphie, die Kunst des Schönschreibens, abhanden gekommen.

Umberto Eco warnte kürzlich in einem im Guardian erschienenen Artikel1, dass die italienischen Kinder keine Handschrift mehr beherrschten. Lesen Sie, was Javier Rodríguez Marcos in seiner Betrachtung zum Unterschied von Kalligraphie und Orthographie, zum immer unpersönlicheren und zunehmend unbewusst erfolgenden Schreibprozess und schließlich zum Niedergang der Handschrift sagt:

En el futuro, las salas de las bibliotecas nacionales que exponen los manuscritos de los escritores ilustres serán como máquinas del tiempo. Como cuentan en la oficina de Carmen Balcells, hoy la mayoría de los originales que llegan a la agencia literaria más importante de la literatura en español lo hacen por correo electrónico. Los fetichistas tienen ya pocos caladeros en los que pescar. Y casi todos están en el pasado.

Weiter auf El País: Adiós a la buena letra.

  1. Zu Eco siehe auch den Zeitungsartikel Bedrohte Spezies Handschrift, wo Ecos Warnung zusammengefasst ist. Die dort verlinkte Guardian-Version ist leider nicht mehr online. Der Text kann aber hier nachgelesen werden: Umberto Eco: The lost art of handwriting. []