Quelle: Wikipedia
Wieder einmal eine erfreuliche Nachricht aus dem Bereich der Übersetzerpreise für die Übertragung von Werken aus der Hispania ins Deutsche: Wie schon bei der Auszeichung von Fritz Vogelgsang auf der Leipziger Buchmesse (für seine Übersetzung des Tirant lo Blanc von Joanot Martorell): In dieser Woche wurde der Übersetzer und Romanist Prof. Dr. Hartmut Hartmut Köhler (Uni Trier) mit dem „Johann Friedrich von Cotta-Übersetzerpreis 2008“ ausgezeichnet. Die Jury ehrt damit im Besonderen seine Verdienste für die Übertragung von Baltasar Graciáns „Criticón“. Die Stadt Stuttgart schreibt anlässlich der Preisverleihung in dieser Woche:
Hartmut Köhler habe bedeutende Übersetzungen aus dem Französischen, Italienischen und Spanischen verfasst, betonte die Jury. Sie würdigte vor allem Köhlers 2001 im Ammann Verlag veröffentlichte imposante Übertragung des monumentalen spanischen Barockromans „Criticón“ von Baltasar Gracián. „Es ist ihm mit hoher Kunstfertigkeit gelungen, dieses wichtige Werk, an dem sich schon manche Übersetzer, unter anderem Schopenhauer, versucht haben, den Lesern in großer Frische und Unterhaltsamkeit vorzustellen, ohne die Komplexität und die Ferne des Textes und die Fülle seiner Schwierigkeiten zu verdecken.“
Die Übersetzung wurde schon 2002 ausführlich in DIE ZEIT besprochen. Dort stellte Ralph-Rainer Wuthenow im Artikel »Treppe des Lebens, Stufen der Tage« (DIE ZEIT, 02/2002) die Schwierigkeit und Exzellenz der Übersetzung heraus:
Sein allegorisch-philosophischer Roman El Criticón wird schon im 18. Jahrhundert, dann auszugsweise immer wieder einmal ins Deutsche übersetzt, auch noch im 20. Jahrhundert, aber ohne große Resonanz. Er erfreut, irritiert und überrascht den Leser als ein sozusagen typischer Barockroman durch moralphilosophische Reflexion, satirische Schärfe, Kaskaden von Antithesen und Wortspielen, Periphrasen und Allegorien, wie wir sie bei Abraham a Santa Clara kennen, zuweilen bei Grimmelshausen, kaum minder dann bei Jean Paul, und die den Leser so lange ärgern, bis er endlich die Geduld gefunden hat, sich darauf einzulassen.
Das kann, das muss einen Übersetzer zur Verzweiflung bringen, und man begreift, dass Hartmut Köhler die Teilübersetzung von 1957 und deren noch ungedruckte Fortführung von Hanns Studniczka nicht einfach zur Überarbeitung hat übernehmen können. Doch es sind nicht allein die Wortspiele und Antithesen, die sich als Widerstände auftürmen, es sind auch die Bilder und die Elemente einer anders begründeten Rhetorik. Rasch erscheint die Übersetzung als viel leichter zugänglich denn das Original für den spanischen Leser. Denn hinzu kommt der Reichtum an Anspielungen, die Fähigkeit, auch zwischen Periphrasen und Lakonismen sich elegant und immer wieder sentenziös zu bewegen. Das alles fordert, wo die genaue Übersetzung nicht möglich ist, den Ausgleich, das Äquivalent – wie schon bei der Bemühung um Góngoras Sonette oder Quevedos Buscón.
Wer den kompletten ZEIT-Artikel nicht am Bildschirm lesen möchte, findet ihn auch in einer für den Druck optimierten Fassung vor.
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